Geschichte und Inspiration: „Wenn alles zusammenbricht“ (Pema Chödrön, Goldmann 2001, 9. Auflage)
Text zum Nachlesen
„Einverstanden sein“
Es gibt eine Geschichte von einer Kriegerin, die von ihrem Meister den Auftrag bekam, gegen die Angst zu kämpfen. Als der Tag des Kampfes kam, verbeugte sich die Kriegerin dreimal, denn sie hatte großen Respekt vor der Angst, die stark und wild erschien. Das schmeichelte der Angst und sie war schon etwas umgänglicher. Und dann fragte die Kriegerin die Angst: „Wie ist es möglich, dich zu besiegen?“ Und die Angst antwortete: „Ich kämpfe, indem ich schnell rede und sehr nahe an dich herankomme. Dann verlierst du vollkommen die Kontrolle über dich und tust, was ich dir sage. Tust du nicht, was ich dir sage, habe ich keine Macht über dich.“
Wenn die Angst über uns herfällt, ist es wirklich oft so, dass wir einfach die Kontrolle verlieren. Vielleicht bemerken wir es selbst gar nicht, weil wir entweder sehr gut kämpfen oder sehr gut wegrennen können. Aber in beiden Fällen sind wir eigentlich nicht wirklich frei in dem, was wir tun.
Wenn wir so da sind und uns alles das, was wir sind, so anschauen, stoßen wir vielleicht manchmal auf ganz feine, dafür aber sehr tief verwurzelte Ängste. Und dann fragen wir uns vielleicht, wie wir damit jetzt umgehen sollen. Denn gerade solche Ängste sind es ja, die das, was wir Alltag nennen, besonders stark beeinflussen können.
Der Zen-Meister Kobun Chino Roshi wurde einmal gefragt, wie er mit Angst umgeht. Er sagte: „Ich bin mit ihr einverstanden.“
Wenn wir einverstanden sind, gestatten wir uns, nicht mehr dagegen zu sein. Und das bedeutet, dieses „Hier-Sein“ der Angst zu akzeptieren. Also alles: Das Zusammenziehen im Magenbereich, die Anspannung im Gesicht oder in den Schultern, und dann natürlich auch die Gedanken und Gefühle, die dann plötzlich auftauchen.
Und dann nur einmal hier sein, mit der Angst, und schauen, was passiert, wenn wir erlauben, dass die Angst sich austobt. Und wir schauen nur zu. Spüren unseren Körper und lassen los. Bemerken unsere Gedanken und lassen los. Bemerken unsere Gefühl und lassen los. Spüren diesen Raum und lassen los.
Und wir lassen nur das los, was wir jetzt eben loslassen können. Mit den Dingen, die übrigbleiben, üben wir uns dann weiter im „einverstanden sein“. Denn „einverstanden sein“ ist eigentlich nichts anderes als Loslassen.