Sich Empfindungen widersetzen

(Ein Video mit Lesung des Textes findest du ganz unten.)

In seinem Buch „Heitere Weisheit“ beschreibt Yongey Mingyur Rinpoche ein wichtiges Grundprinzip von leidvollem Erleben. Es lautet:

„Wir werden in dem Maß von Empfindungen gestört, wie wir uns ihnen widersetzen.“

Immer wieder stolpern wir im Alltag und in der Meditationspraxis über diese Wahrheit, auch wenn wir es im jeweiligen Moment vielleicht nicht erkennen können. Wir fühlen uns in unserem freien Erleben eingeschränkt, weil irgendetwas Inneres oder Äußeres da ist, dem wir uns aus einer Reaktion heraus widersetzen. Anstatt nur anzuerkennen, was gerade passiert, finden wir uns oft in einer gewohnheitsmäßigen und auf Ablehnung oder Anhaftung basierenden Reaktion wieder, die uns vielleicht nicht einmal wirklichen Nutzen bringt und möglicherweise das Unangenehme der Situation noch verstärkt (z.B. wenn wir aus einem winzigen Gedankenfetzen innerhalb weniger Sekunden eine ausgewachsene Angstfantasie kreiert haben).

Wie können wir solchen leidvollen Reaktionen entkommen? Es beginnt immer mit Bewusstheit. Bewusstheit für das, was wir in bestimmten Situationen wirklich empfinden. Und dann mit Bewusstheit dafür, wie wir mit diesen Empfindungen umgehen, also welche Reaktionen daraus entstehen und was weiter daraus resultiert. Dann können wir einen Raum entstehen lassen zwischen dem einfachen Erleben und unseren Reaktionen. Ein Raum, in dem wir entdecken können, dass wir nicht an unsere Reaktionen gebunden sind (auch wenn es sich oft so anfühlen mag). Und diesen Raum gilt es zu etablieren.

Meditation ist ein bewährtes Mittel, um das persönliche Erleben und die entstehenden Reaktionen zu erforschen und damit zu experimentieren, was passiert, wenn wir einmal nur erleben anstatt direkt zu reagieren. Wenn wir nicht alles, was in unser Bewusstsein dringt, direkt zu irgendeinem Zweck benutzen, sondern alles so lassen, wie es ist. So können wir beginnen, uns den Dingen nicht mehr zu widersetzen, und können vielleicht erfahren, was Mingyur Rinpoche meint, wenn er sagt:

„Wir werden in dem Maß von Empfindungen gestört, wie wir uns ihnen widersetzen.“

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