(Alan Watts, Der Lauf des Wassers, suhrkamp 1983, S. 65f)
„Wenn wir uns jedoch dem Tao einseitig literarisch oder akademisch nähern, erfahren wir nichts über sein Wesen, so dass der Leser, um das folgende zu verstehen, jetzt und beim Weiterlesen sich in die rechte geistige Verfassung bringen muss. Dazu ist es nötig, dass er – natürlich vorübergehend – alle seine philosophischen, religiösen und politischen Ansichten ablegt und beinahe wie ein Kind wird, das gar nichts weiß. Das heißt, nichts, als was es wirklich hört, sieht, fühlt und riecht. Er möge sich vorstellen, dass er sich nur im Hier bewegt und dass es nie eine andere Zeit gab, gibt oder geben wird als das Jetzt. Er nehme einfach das wahr, was ist, ohne es zu benennen oder zu beurteilen, denn er ertastet jetzt die Wirklichkeit selbst anstatt Vorstellungen und Meinungen über sie. Es hat keinen Sinn, den Schwall von Worten und Gedanken unterdrücken zu wollen, der in den meisten Erwachsenengehirnen abläuft. Wenn er nicht aufhören will, soll man ihm seinen Lauf lassen, ihm zuhören, als wenn es Verkehrslärm wäre oder das Gackern von Hühnern.
Die Ohren sollen hören, was sie hören wollen; die Augen sollen sehen, was sie sehen wollen; der Geist soll das denken, was er denken will; die Lungen sollen in ihrem eigenen Rhythmus atmen. Man erwarte keine besonderen Ergebnisse, denn wo kann es in diesem wortfreien, vorstellungsfreien Zustand eine Vergangenheit oder Zukunft oder ein Zweckdenken geben?
Halten Sie an, sehen Sie und hören Sie … und verweilen Sie ein wenig, bevor sie weiterlesen.“